SPD-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Markus Rinderspacher, spricht sich gegen Bundeswehreinsätze im Innern aus
SPD-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Markus Rinderspacher, spricht sich gegen Bundeswehreinsätze im Innern aus
Töging. Vor rund 100 Zuhörern hat am Freitag Markus Rinderspacher auf der Freilichtbühne des Trachtenvereins Enzian an der Werkstraße gesprochen. Allzu kämpferische Töne mochte der Fraktionschef der SPD im Bayerischen Landtag vor dem Hintergrund der jüngsten Gewalttaten im Freistaat bewusst nicht anstimmen.
Mit Blick auf den Amoklauf in München eine Woche zuvor sagte Rinderspacher, hier habe sich gezeigt, "was unser Land ausmacht: Solidarität in der Not": Viele Münchner hätten die Türen ihrer Wohnungen geöffnet für die Menschen, die wegen des Ausfalls von U- und S-Bahnen feststeckten. Darauf könne man stolz sein. Der Polizei bescheinigte er im Zusammenhang mit diesem Einsatz "hervorragende Arbeit".
Im gleichen Atemzug sprach er sich dagegen aus, die Bundeswehr bei ähnlichen Vorfällen im Innern einzusetzen: Es gebe gute Gründe, das Feld der Inneren Sicherheit bei der Polizei zu belassen. Bei aller Wertschätzung für ehrenamtliches Engagement dürften aber auch an Bürgerwehren und Sicherheitswachten keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden: "Dadurch würde unser Land keinen Millimeter sicherer", so Rinderspacher.
Nötig sei vielmehr eine starke, wirklich handlungsfähige Polizei. 1,6 Millionen Überstunden und 2500 praktisch fehlende Stellen sprächen eine andere Sprache. "Jetzt feiert sich die Staatsregierung, dass sie 900 neue Polizistenstellen schaffen – die hätten mal besser auf die SPD gehört!"
Rinderspacher kritisierte CSU-Minister Markus Söder und Ministerpräsident Horst Seehofer für ihren Umgang mit Kanzlerin Angela Merkel angesichts derer Flüchtlingspolitik: In einer so schwierigen Zeit dürfe das Thema innere Sicherheit nicht zum Thema von Parteiengezänk werden. Nötig seien stattdessen entschlossene Politik und Gemeinsamkeit, die Bürger bräuchten hier Vertrauen in die Bundesregierung. Mit Blick auf die SPD sagte er: "Wir stehen in dieser Bundesregierung für Seriosität!"
Angesichts einer sich dramatisch verändernden Gesellschaft erlebe er eine Repolitisierung – das sei "im Prinzip etwas Gutes." Zuvor habe es den Anschein gehabt, als hätten viele sich abgewendet, als habe die Demokratie einen Tiefstpunkt an Wertschätzung erreicht. Kritisch merkte er an, dass jeder Schüler im Unterricht den Namen Adolf Hitler kennen lerne, kaum einer aber Wilhelm Hoegner oder Fritz Schaeffer, die einst unter Einsatz ihres Lebens für die Demokratie kämpften. In vielen Ländern sei die Demokratie heute in Gefahr. Deutschland aber habe von politischen Kompromissen in Parteien und Parlamenten als Ausgleich politischer Interessen enorm profitiert, so der Fraktionsvorsitzende.
Rinderspacher ging auf auf die Flüchtlingsbewegungen als "neue Völkerwanderung" ein – weder die Kleinstaaterei des 19. oder der Nationalismus des 20. Jahrhunderts taugten als Rezepte dagegen. Auch neue Mauern seien keine Lösung: Gerade Bayern habe sich seit dem Wegfall des Eisernen Vorhangs wirtschaftlich am Besten entwickelt. Der SPD-Politiker sagte, nirgendwo sei die AfD so stark wie in Bayern, weil die CSU als Regierungspartei es versäumt habe, klare Signale auszusenden. "Wir wollen verhindern, dass die AfD Teil des Bayerischen Landtags ab 2018 wird", so Rinderspacher – dies würde dem Allgemeinwohl schaden. Nur mit "differenzierten Botschaften" könne man diesem "Phänomen" und den verbreiteten Ängsten begegnen. Rinderspacher erinnerte an ein Wort des früheren Bundespräsidenten Johannes Rau, wonach eine Integrationspolitik "ohne Angst und ohne Illusionen" angebracht sei.
"Davon profitiert jeder – nicht nur Flüchtlinge"Freilich brauche es auch konkrete Antworten. Rinderspacher nannte als Beispiel den Wohnungsbau in Ballungsräumen: Hier komme es bei allen guten Ideen letztlich auf das zur Verfügung gestellte Geld an. Die Mittel dafür seien aber in den letzten Jahrzehnten stark zurückgefahren worden. Hier empfahl der Fraktionschef einen Blick in die Bayerische Verfassung, in der für jedermann erschwingliche "Volks-Wohnungen" gefordert würden. Rinderspacher: "Davon profitiert jeder, nicht nur die Flüchtlinge!"
Um den Asylsuchenden die deutsche Sprache beizubringen, schlug Rinderspacher vor, wenigstens zeitweise einige der 3700 ausgebildeten Referendare einzusetzen, von denen nur zehn Prozent in den Staatsdienst übernommen würden. Mit Blick auf die Bemühungen der Stadt um die Integration sagte Rinderspacher: "Ich bin beeindruckt, wie ihr das in Töging organisiert!" Vor der Kundgebung hatte er sich bei einem Besuch im Rathaus ein Bild davon gemacht.
− afb
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